Zu den Inhalten springen

Gesund leben im Generationenzentrum Kornhasen

Gesundheitsförderung in der stationären Pflege

Ins Generationenzentrum Kornhasen in Stuttgart-Wangen geht man nicht einfach so hinein. Wenn Herr Mayer seinen 82-jährigen Vater im Generationenzentrum besucht, hüpft er auf dem Vorplatz mindestens einmal den Himmel-und-Hölle-Parcours entlang.

Herrn Mayers Vater lebt seit sechs Monaten im Willy Körner Haus – im Pflegeheim des Generationenzentrums. In dem Gebäudekomplex gibt es außerdem noch Betreutes Wohnen und einen Kindergarten. Der Vorplatz des Generationenzentrums gehört allen Einrichtungen. Die Hüpf-Schlange dort ist so gestaltet, dass man sie auch mit dem Rollator entlanggehen oder im Rollstuhl entlangfahren kann. Seit sie auf den Boden gemalt ist, treffen sich die verschiedenen Altersgruppen dort viel häufiger und lachen und reden miteinander.

All das hört sich wie eine Vision an? Es ist ein Projekt, an dessen Umsetzung Annette Faust-Mackensen (Mitarbeiterin Gesundheitsförderung, -planung und -berichterstattung beim Gesundheitsamt Stuttgart) und Christine Schneider (Einrichtungsleiterin des Willy Körner Hauses) gerade sehr erfolgsversprechend arbeiten.

Gefördert durch den Verband der Ersatzkassen (vdek)

Mitten in der Pandemie starteten Annette Faust-Mackensen und Christine Schneider im Willy Körner Haus 2021 ein Projekt zur gesundheitlichen Prävention und Gesundheitsförderung in stationären Pflegeeinrichtung. Gefördert wird das Projekt „Gesund leben im Kornhasen“ durch den Verband der Ersatzkassen (vdek) – der Verband besteht aus den sechs großen deutschen Ersatzkassen, die zusammen nahezu 28 Millionen Menschen versichern.

Ab 2024 sollen sich die Maßnahmen selbst weitertragen

Bis Ende Herbst 2023 läuft der Aktionszeitraum, im Anschluss soll sich das Projekt ein Jahr konsolidieren – die Bewegungs- und Begegnungsmöglichkeiten im Willy Körner Haus sollen dann zu einer solchen Selbstverständlichkeit werden, dass sich die Maßnahmen selbst weitertragen.

Zu Gast: Die kommunale Gesundheitskonferenz und der vdek

Tatsächlich ist im Willy Körner Haus heute schon im Großen alles umgesetzt, was für „Gesund leben im Kornhasen“ überlegt war. Viel Interesse zieht vor allem der Bewegungsparcours auf sich, der seit 1. Juli installiert ist. Auch die Hochbeete und die neu angeschaffte Tovertafel (die sogenannte Zaubertafel) sorgen für Beachtung – verschiedene fachliche Gremien beschäftigen sich mit „Gesund leben im Kornhasen“. 

So hat die kommunale Gesundheitskonferenz ihr Sommer-Quartalstreffen 2023 im Generationenzentrum Kornhasen abgehalten. Eine Delegation der deutschen Ersatzkassen besuchte eine Woche zuvor das Haus und ließ sich vor Ort die Maßnahmen vorstellen. Auch die Leitungskräfte des städtischen Eigenbetriebs leben&wohnen, zu dem das Pflegeheim des Generationenzentrums gehört, hatten an diesem Tag „Gesund leben im Kornhasen“ kennengelernt und diskutiert.

„Für uns als kommunaler Träger von Pflegeeinrichtungen ist ‚Gesund leben im Kornhasen‘ ein Leuchtturmprojekt“, betont der Geschäftsführer von leben&wohnen, Marc Bischoff. Frau Dr. Alexandra Sußmann, die als Sozialbürgermeisterin den Vorsitz bei der kommunalen Gesundheitskonferenz hat und in ihrem Referat auch für den Eigenbetrieb leben&wohnen zuständig ist, unterstützt und erweitert den Anspruch. Für sie ist das Projekt ein „Geglücktes Beispiel ämterübergeifender Zusammenarbeit“. Und auch „ein geglücktes Beispiel, wie man mit Gesundheitsförderung Menschen in stationären Einrichtungen erreichen und Angebote entsprechend niederschwellig gestalten kann. Wir können aus dem Projekt viel lernen“.

Mit Fokusgruppen die Bedarfe und Bedürfnisse ermitteln

Tatsächlich konnten bei „Gesund leben im Kornhasen“ grundsätzliche Erfahrungen gesammelt werden, auch was Beteiligungsprozesse mit älteren Menschen anbelangt. Weil Menschen eine Verbindung zu Veränderungen und Innovationen brauchen, damit sie sie mittragen und sie leben, wurden im Willy Körner Haus Bewohnende, Angehörige und Mitarbeitende in Fokusgruppen gefragt, welche Bedürfnisse und Bedarfe sie haben.

„Was unsere Bewohner*innen anbelangt, so sind diese es aus ihrer Lebensgeschichte heraus nicht gewohnt, in Prozesse grundlegend eingebunden zu werden“, berichtet Einrichtungsleiterin Christine Schneider. „Wir wurden oft mit der Frage konfrontiert, was man denn nun eigentlich konkret tun wollte“. Dazu kam die große Befürchtung der Pflegeeinrichtungsbewohner*innen, den Pflegekräften noch mehr zur Last zu fallen, wenn man Wünsche äußert. Das partizipative Vorgehen brauchte Überzeugungskraft. Doch Schritt für Schritt fand man heraus, welche speziellen Bedürfnisse die Bewohner*innen haben – viele davon hatten mit Pandemieerfahrungen zu tun und der Isolation, die damals durchlebt wurde. Um mehr Teilhabemöglichkeiten in der Einrichtung ging es, um Begegnung und den Wunsch, man wolle sich nützlicher fühlen.

Der Stuttgarter Bewegungsparcours für die stationäre Pflege

Was sich nach Corona als das größte Bedürfnis herausgestellt hat, war Bewegung. Die Angebote dafür sollten im Willy Körner Haus in jedem Fall niederschwellig werden. In Zusammenarbeit mit dem Amt für Sport und Bewegung wurde der bewährte Bewegungspass für ältere Menschen so umgestaltet, dass er erstmalig für die stationäre Seniorenhilfe genutzt werden kann. Der Parcours wurde über das ganze Haus auf allen Stockwerken und in den verschiedensten Bereichen verteilt, um auf unkomplizierte Weise zu Bewegungspausen zu animieren. Die Bewohnenden wurden hier ebenso als Zielgruppe bedacht wie die Mitarbeitenden, die Kinder der nahegelegenen Kita, Besucher aus der benachbarten Seniorenwohnanlage beziehungsweise von außerhalb des Hauses. An 15 Stationen gibt es im Willy Körner Haus nun große Illustrationen, die Ideen geben, welche Übungen man an dieser Stelle gerade jetzt durchführen könnte.

Die Bewohnenden hat der Fitnessparcours auf die Idee gebracht, sie wollten sich künftig gerne auch mit Bewegungs-Challenges aneinander messen. Zusätzliche Impulse und Schulungen bringt von außen auch das Amt für Sport und Bewegung und die Sportkultur Stuttgart e.V. ein.

„Wir machen hier nichts Spektakuläres“, erklärt Annette Faust-Mackensen vom Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Stuttgart. Aber manchmal liegt das Spektakuläre eben in der Summe der vielen kleinen Bausteine – der Bausteine, die zusammen eine Vision ergeben.

 

 

Überblick des Maßnahmenkatalogs von „Gesund leben im Kornhasen“

Maßnahmen im Bereich Ernährung: • Gemeinsame Zubereitung von Obstsalat auf Wohnbereichen • Herstellung von Smoothies • Bereitstellung frisches Obst saisonal und regional • Kochkurs (in Planung) • Maßnahmen im Bereich kognitiver Aktivierung: • Einsatz der Wii • Anschaffung Tovertafel • Einsatz Vorlesepat*innen • Anschaffung Senior*innentablet • Einsatz von Hörbüchern • Singen, Musikmachen, Nutzung der Klaviere • Installation und Bepflanzung von Hochbeeten, auch eines Tischbeets • Maßnahmen im Bereich Bewegung: • Bewegungsparcours mit 15 Stationen • Fortführung Balkongymnastik auch im Sommer • Elektronische Schiebehilfe, nutzbar für alle • Teilnahme am Mehrgenerationen-Flashmob des Amtes für Sport und Bewegung • Betriebssport für Mitarbeitende • Öffnung in den Sozialraum und Nachhaltigkeit: • Kunsttherapeutisches Angebot • Gärtnern und Bewegungsparcours mit der Kita • Theater • Zusammentreffen mit der Begegnungsstätte • Filmfest der Generationen …

Stuttgart