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Die schönsten Reisen der Bewohner*innen als Theaterstück inszeniert

Premierenaufführung im Filderhof berührt das Publikum

Im November 2023 hatte sie Premiere im Filderhof –  die wunderbare Aufführung „Meine schönste Reise“ erzählt im Café Freundlich.

Die Hauptrollen des Abends waren mit elf Bewohner*innen des Filderhofs besetzt, ihre Lebenserinnerungen und Reisegeschichten wurden zum Programm des Abends. Von den Fahrten mit den Großeltern ins hohenlohische Langenburg konnte man ebenso hören wie von Zeiten in Budapest oder auf Capri. Eine Bewohnerin berichtete, wie sie einstmals den Berg Athos besteigen konnte – da Frauen diesen Berg nicht betreten dürfen, tarnte sie sich mit einer geliehenen Mönchskutte und wurde toi, toi, toi, nicht erwischt.

Ein Abend für Erinnerungen und Sehnsüchte

Auch eine abenteuerliche Motorradfahrt wurde an dem Abend inszeniert, der Rollstuhl erhielt schlichtweg eine Motorradverkleidung. „Mit der Yamaha Enduro kann man in der Wüste springen wie im Schnee“– was für schönen Erinnerungen und Sehnsüchten konnte man lauschen.

Der Abend war bunt und vielfältig. Ganz im Stil früherer Samstagabendshows fanden neben den Erzählungen der Menschen auch Tanz- und Musikauftritte ihren Raum – so gab es ein Keyboard-Solo, ein Drehorgel-Intermezzo, einen Sirtaki, einen Tango. Begleitet wurden die Auftritte von der professionellen Caféhaus-Band, deren drei Mitglieder nicht mal halb so alt waren wie die Darsteller*innen auf der Bühne.

Begleitet wurden die Auftritte bei den "Schönsten Reisen" von der professionellen Caféhaus-Band. Ihre drei Mitglieder waren nicht mal halb so alt wie die Darsteller*innen auf der Bühne.
Großartige Schlager wurden gespielt, so etwa „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt“. Und auch Volkslieder wie „Eine Seefahrt, die ist lustig“ und „Wenn die bunten Fahnen wehen“.

Ein Abend für das Wesentliche im Leben

Das gut 70-köpfige Publikum verließ am Freitag beseelt den Filderhof. Nicht nur, aber auch, weil so viel Ermutigendes zu sehen war. Bewohner*innen, die trotz Demenz oder körperlicher Einschränkungen mit einem großen Publikum ihr Leben und ihr Können teilten. Es lag so deutlich auf der Hand, worauf es im Leben ankommt: Dinge mit Liebe und Leidenschaft zu tun. Denn was das Herz berührt hat, das vergisst man nicht so leicht. Das Spielen eines Instruments ebenso wenig wie das Tanzen oder das Reisen.

Ulrike Hanne von der Werkstattbühne hat als Regisseurin die Erlebnisse und Talente der Filderhof-Bewohner*innen entdeckt und als Abendprogramm inszeniert. Zum Abschluss und Höhepunkt gab es eine Liebesgeschichte, dargestellt als Schmetterlingstanz eines Bewohnerpaars.

Tatsächlich lernten sich die beiden einstmals bei einer Karnevalsveranstaltung in Mexiko kennen, sie trug damals ein Schmetterlingskostüm. Heute ist das Paar 35 Jahre verheiratet und wohnt gemeinsam im Filderhof – was für ein Abschluss der Aufführung und was für ein Beweis, dass dauerhaftes Glück möglich ist. Eine Ehe kann auch in einer Einrichtung der Pflege den passenden Raum für sich finden.

Dank an das Engagement eines tollen Teams

Regisseurin Ulrike Hanne und Schauspielerin Gudrun Remane, die den Abend wesentlich mitgestaltet hat, leisteten sowohl bei der Geschichtenrecherche wie auch in Sachen Dramaturgie bei „Meine schönste Reise“ Großes. Tatkräftig unterstützt wurden sie von vielen anderen Engagierten.

Lena Mehwald, die im Filderhof Koordinatorin der Betreuungskräfte ist und selbst Theaterpädagogin, organisierte die Proben neun Wochen lang und begleitete die Darsteller*innen durch alle Höhen und Tiefen. Elke Schott vom Sozialdienst blieb als Initiatorin des Projekts bis zur Aufführung diejenige, bei der die Fäden zusammenliefen. „Letztendlich ist es bei der Arbeit mit den älteren Darsteller*innen nicht anders als bei Theateraufführungen mit jüngeren Menschen“, erzählt sie. „Bei der ersten Infoveranstaltung trifft sich eine größere Runde, die sich allerdings rasch ausdünnt. Manchen ist der Probenaufwand zu hoch, anderen wird mulmig angesichts eines öffentlichen Auftritts. Manchen Probenden geht es leicht von der Hand und sie spielen ihren Part souverän. Andere lernen abends im Bett den Text, weil sie nervös sind. Manchen überwältig schließlich kurz vor der Premiere das Lampenfieber, sie lassen sich dann aber doch ermutigen, weiterzumachen“.

Was im Filderhof auch nicht anders war als bei anderen Premieren: Nach der Aufführung wurde mit Sekt angestoßen und gefeiert. Und es wurde überlegt, ob nun noch weitere Veranstaltungen folgen sollen – toi, toi, toi, wir drücken die Daumen für noch mehr „Schönste Reisen erzählt im Café Freundlich“.  

Vielen Dank an alle, die mir ihrem Engagement das Theaterstück ermöglicht haben:

Team

Dijana Antunovic — Kostüm/Requisite/Licht

Ulrike Hanne — Idee/Spiel/Regie/Overhead

Katja Ritter — Video/Film/Dokumentation

Gudrun Remane — Spiel/Gesang/Produktionsleitung

Dietmar Teßmann — Bühnenbild Entwurf

Claus Tscherning — Korrepetition

Andrew Zbik und Sascha Kommer — Caféhaus-Band

Filderhof

Norbert Hiemer — Haustechnik

Lena Mehwald — Koordination/Theaterpädagogin

Elke Schott — Sozialdienst

Angelika Sulzberger — Bühnenbild Ausführung

 

Über das Theaterstück „Meine schönste Reise“gibt es einen Video-Beitrag von KuKuk-TV: Regisseurin Ulrike-Kirsten Hanne erzählt, wie aus den Lebenserinnerungen der Filderhof-Bewohner*innen nach und nach ein Bühnenwerk entstand. Dazu gibt es viele Ausschnitte vom Premierenabend, Eindrücke von den Proben und Interviews mit den Beteiligten. hier

Stuttgart